Bitterfelder Lok-Streit
Kommt die Lösung von der Regiobahn?
Es war eine unangekündigte Blitzaktion: Im vergangenen Juli wurde die Rangierlok, die 16 Jahre lang am Bitterfelder Bahnhof stand, in nur drei Stunden demontiert und nach Wolfen transportiert. Der Besitzer des dortigen Bahnhofs, Ortsbürgermeister André Krillwitz (Pro Wolfen), hatte die 1935 gebaute Kö 4751 von der Bahn geschenkt bekommen. Viele Bitterfelder waren geschockt, forderten die Rückgabe.
Es war der Beginn des bis heute andauernden Lok-Streits. Doch jetzt leuchtet ein Licht am Ende des Bahn-Tunnels. Eine Lösung scheint greifbar nahe - dank der Hilfe der Regiobahn Bitterfeld Berlin (RBB). Noch in diesem Jahr soll am Bitterfelder Bahnhof wieder eine Lokomotive stehen.
Allerdings wird es keine Rückkehr der Bitterfelder Lok aus Wolfen geben. Denn rechtlich ist André Krillwitz deren Eigentümer. „Die Bahn hatte uns das historische Stück 1999 nur als Leihgabe überlassen“, räumt der damalige Bitterfelder Bürgermeister Werner Rauball ein. Die Hoffnung, dass sie zur Dauerleihgabe oder zum Geschenk wird, platzte im vergangenen Juli. Seitdem suchen Bitterfelder wie Rauball, Egbert Flämig oder Ortsbürgermeister Joachim Gülland (Die Linke) nach einer Lösung.
Die entscheidende Idee hatte aber Dietrich Kruse. Der inzwischen 80-Jährige war bis 2002 Geschäftsführer der Regiobahn Bitterfeld Berlin (RBB) - und hat selber gesehen, wie die Lok von Kränen aufgeladen und nach Wolfen geschafft wurde. „Ich war geschockt, dachte sogar an eine illegale Aktion“, erinnert er sich. Auch für Kruse war schnell klar: An Bitterfelds Bahnhof muss wieder eine Lok. Und durch die guten Kontakte zu seinem Nachfolger, RBB-Geschäftsführer Michael Meinhardt, konnte er den Lok-Mitstreitern sogar zwei Möglichkeiten aufzeigen, wie dies gelingen kann.
„Ein befreundetes Unternehmen in Schwarzfeld im Südharz will wahrscheinlich Mitte des Jahres eine Lok ausmustern“, schildert Kruse. Und die würde perfekt passen. „Denn sie ist vom selben Typ wie jene Lok, die am Bahnhof Bitterfeld stand.“ Vor knapp zwei Monaten waren Kruse, Rauball und Krillwitz sogar schon in Schwarzfeld und haben mit dem dortigen Unternehmenschef über die Modalitäten gesprochen.
„Die große Frage ist: Wie bekommen wir die Lok nach Bitterfeld?“, so Kruse. Am besten würde dies wohl per Zug funktionieren. Doch wahrscheinlich ist all das gar nicht mehr nötig. Denn inzwischen gibt es eine zweite, wesentlich wahrscheinlichere Variante.
RBB-Chef Meinhardt teilte den Lok-Fans nämlich mit, man werde Mitte des Jahres selber eine Diesellok V22 außer Betrieb stellen. Das Fahrzeug ist rund 40 Jahre alt und im Chemiepark gefahren. „Die V22 ist etwas größer als die bisherige Lok, sieht aber hübscher aus“, weiß Kruse. Sie würde nach dem Ende ihrer aktiven Zeit noch entsprechend hergerichtet und herausgeputzt und wäre ein Geschenk der Regionalbahn an die Stadt. Und vor allem entfiele der aufwendige Transport.
RBB-Chef Meinhardt will sich zu dem Plan öffentlich noch nicht äußern. Rauball sagt: „Schriftlich haben wir noch nichts gemacht. Bislang gibt es nur eine mündliche Zusage.“ Er sieht in der RBB-Variante einen weiteren Vorteil: „Wir hätten dann am Bahnhof wieder eine Lokomotive stehen, die wirklich auf Bitterfelder Gleisen gefahren ist. Das wäre bei der Bahn aus dem Südharz nicht so.“
Vom Tisch ist jedenfalls ein ursprünglich favorisierter Rücktausch mit Wolfen - schon wegen des logistischen Aufwands und der damit verbundenen Kosten. Trotzdem sieht Rauball weiter André Krillwitz in der Pflicht: „Aus unserer Sicht muss er alles andere zurückgeben.“ Dazu zählten die Signalanlage, die auf „Freie Fahrt“ steht ebenso wie das abmontierte Gleisbett.
„Das hat einst eine Nordhäuser Firma extra der Stadt Bitterfeld geliefert, damit wir die Lok am Bahnhof draufstellen können“, argumentiert Rauball. Es sei wie das Signal Eigentum der Stadt. Dazu sagt Krillwitz: „Gleise habe ich in Wolfen noch liegen. Daran soll es nicht scheitern.“ Über das Signal müsse man aber noch mal sprechen.
Der Stadt gehört übrigens auch die Ehrentafel, die im Zuge des Lok-Umzuges von der Bahn abmontiert und in Halle gelagert worden war. Diese ist inzwischen von der halleschen Bahnhofsmanagerin zu OB Petra Wust (parteilos) gewandert und soll nun laut Bitterfelds Ortsbürgermeister Joachim Gülland an ihn übergeben werden. Montiert werde sie aber erst, wenn die neue Lok an ihrem Platz steht.
Gülland hat auch schon eine ideale Vorstellung vom Termin der Lok-Aufstellung. „Es würde gut passen, wenn wir das im Rahmen der Festwoche zum zehnjährigen Stadtgeburtstag von Bitterfeld-Wolfen machen können, zum Beispiel am 15. September.“
Foto: MZ-Archiv / Maul Am 1. Juli 2016 wurde die Lok in Bitterfeld abmontiert. |
Foto: MZ: A.Kehrer Wo bis zum vergangenen Sommer die Bitterfelder Lokomotive am Bahnhof stand, ist nur noch eine kahle Stelle. Die Abdrücke der Gleise sind dort allerdings immer noch zu erkennen. Mehrere Bitterfelder Akteure kämpfen darum, dass dort eine neue Lok aufgestellt wird. Derzeit haben sie zwei Varianten im Blick, die noch in diesem Jahr machbar sein könnten. |
Mitteldeutsche Zeitung „ Bitterfelder Zeitung“, Frank Czerwonn, MZ-Web 22.02.2017