Recht interessant ist auch der Fahrzeug-Rückblick. Ursprünglich verkehrten auf der Strecke Bitterfeld - Stumsdorf Lokomotiven der preußischen Gattung T 3, die in der Maschinenstation Bitterfeld stationiert waren. Die vier Wagen langen Reisezüge bestanden aus Personenwagen der Gattung Ci pr 86, Bci pr 86 und PwPosti pr 84, welche die preußische Staatsbahn für den Nebenbahnbetrieb kaufte. Nach der Jahrhundertwende gelangten für längere Zeit Lokomotiven der Gattung T 12 und preußischen Abteilwagen zum Einsatz. In den zwanziger Jahren kamen Maschinen der Baureihen (BR) 38 und 93, später auch Einheitslokomotiven der BR 23 und 86 hinzu.
Frühzeitig stellte die Deutsche Reichsbahn von Dampf- auf Dieselbetrieb um. Anfang der siebziger Jahre übernahmen Diesellokomotiven der Baureihe V 100 (ab 1992: 201, 202 und 204) die Reisezugleistungen. Zeitgleich verschwanden die letzten Abteilwagen in den Reisezügen und wurden durch zwei- und dreiachsige Rekowagen ersetzt. Erst nach 1990 gehörten vierachsige Wagen der Gattung Bghw zum täglichen Bild. Die Personenzüge bestanden aus zumeist 3-4 Wagen. Ab 1993 wurden die Züge mit diversen Schnellzugwagen aus Reichsbahnzeiten gebildet.
Baureihe V 100
Foto:
Sie prägten viele Jahrzehnte das Bild auf der "Saftbahnstrecke". Ab den 70er Jahren wurde die Diesellokbaureihe V100 von der Deutschen Reichsbahn eingesetzt. Mit Zusammenschluss von Deutscher Reichsbahn und Deutscher Bundesbahn in den Neunziger Jahren, erfolgte die Umnummerierung der V100 zur Baureihe 201, 202 und 204.
Da in Stumsdorf die Weichen für das Lokumfahren entfernt wurden, mussten die Züge zwischenzeitlich mit zwei V100-Maschinen im sogegannten Sandwitch-Betrieb bespannt werden. Doppelstockwendezüge in Form eines Steuerwagens und einer V100 ersetzten 1995 diesen lokintensiven und ehr unwirtschaftlichen Betrieb. Der letzte lokbespannte Zug fuhr auf der Strecke am 31.05.1997.
Am 01.06.1997 übernahmen moderne Nahverkehrstriebwagen der BR 628/928 den Personenverkehr zwischen Bitterfeld und Stumsdorf. Werktags setzte die DB Regio im Stundentakt zwei Triebwagen von der Einsatzstelle Leipzig aus ein. In den Taktpausen war jeweils ein Fahrzeug im Bahnhof Bitterfeld abgestellt. Zur Durchführung der Fahrzeugreinigung und Betankung, erfolgte der Triebwagentausch als Leerreisezüge über Stumsdorf nach Halle/S. bzw. Köthen.
Baureihe 628/928
Foto:
Großer Bahnhof für den neuen "Saftbahn" - Triebwagen am 01.07.1997. Moderne Triebwagen der Baureihe 628 / 928 übernahmen die Nahverkehrsleistungen und fuhren bis zum 04.02.2001 auf der Bahnstrecke.
Ab dem 14.08.2000 fuhren mit der BR 628/928 von Montag bis Freitag auch Triebwagen der BR 771 im Verdichterverkehr mit. Da es erhebliche Probleme mit neuausgelieferten Triebwagen in Ostdeutschland kam, erfolgte durch die DB Regio eine Umstrukturierung und Neuordnung der Fahrzeugeinsätze und der damit einhergehende Abzug der BR 628/928. Diese wurden sukzessive durch LVT´s der BR 771 abgelöst. Ab dem 05.02.2001 kamen ausschließlich Triebwagen der BR 771 und 772 auf der Strecke zum Einsatz. In der Folgezeit und verstärkt im Jahr 2002 kamen auch Triebwagengespanne zum Einsatz. Sie wurden mit einem Triebwagen der Baureihe 772 und einem Steuerwagen der Baureihe 972 gebildet. Die Ferkeltaxen waren bis zum letzten Betriebstag am 28.09.2002 auf der Strecke unterwegs. An diesem Tag absolvierte der LVT 772 179 die letzten Fahrten zwischen Bitterfeld und Stumsdorf.
Baureihe 771 / 772
Foto:
"Ferkeltaxen" - so scherzhaft werden die Triebwagen der Baureihe 771 / 772 auch genannt.
772 128 vom Bw Halberstadt wartet in Bitterfeld am Bahnsteig 6 auf Fahrgäste.
Bis in die siebziger Jahre waren vor den Güterzügen noch Lokomotiven der Baureihen 50 und 52 anzutreffen. Sie wurden durch Dieselloks der Reihen 110 (ab 1992: BR 201), 112 (ab 1992:BR 202) und 132 (ab 1992: BR 232) ersetzt. Kohledurchgangszüge aus Bitterfeld über Stumsdorf in Richtung Köthen, bespannte die Reichsbahn mit Lokomotiven der Baureihen 120. Das Frachtaufkommen bis zur politischen Wende 1989 war außerordentlich gut. In Sandersdorf wurden Baustoffe und Kohle zu den empfangen bzw. versendet. Das meiste Einzelfrachtaufkommen hatte der Bahnhof Zörbig zu verzeichnen. Hier empfang bzw. versendete die VEM Volkseigene Motorenwerke überwiegend Schiebewandwagen ihre Produkte und nutzte für die Rangieraufgaben eine Köf. Weiterhin wurde die Ladestraße mit ihren zwei Ladegleisen von der örtlichen BHG genutzt, den Güterschuppen mit Laderampengleis die VEB OGIS Zörbig. Die BHG empfing überwiegend Baustoffe wie Zement und Kalk. Auch musste Kohle entladen oder per Kran landwirtschaftliche Großgeräte von den Waggons gehoben werden. Die VEB OGIS Zörbig erhielt per Schiebewandwagen Gläser, Eimer und Fässer für die Konfitüren- und Marmeladenproduktin. Das Obst- aber auch die Tomaten kamen per Waggon aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn zum Zörbiger Bahnhof.
Baureihe 131
Foto:
Mit einem Übergabezug nach Sandersdorf steht am 11.09.1986 die russische Großdiesellok der BR 131 in Bitterfeld.
Von Sandersdorf aus, wurden die Güterwagen zum naheliegenden Kohleabbaugebiet "Köckern" gefahren.
Der nach der Wende stark rückgängige Schienengüterverkehr lebte in den Jahren zwischen 1994 und 1996 noch einmal kurz auf. Rangierloks der Baureihe 344/346, vereinzelt auch die Baureihen 202/204, brachten mehrmals wöchentlich Klärschlammcontainer auf vierachsigen Flachwagen nach Zörbig. Die Absetzcontainer (AWILOG-System) wurden auf der Ladestraße im Zörbiger Bahnhof von einem Fuhrunternehmen mittels Lkw vom Waggon entladen. Da die Güterkehrsstelle Sandersdorf zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen wurde, erhielt ein Kohlenhändler aus Sandesdorf sporatisch und in kleinen Mengen Briketts in Selbstentladewagen nach Zörbig geliefert. Die Entladung erfolgte durch Förderband.
Nach über 9 Jahren Pause und zwischenzeitlicher Stilllegung der Bahnstrecke zwischen 2002 und 2004 findet nach der Streckenübernahme durch die Zörbiger Infrastrukturgesellschaft mbH wieder Schienengüterverkehr auf der Saftbahn statt. Befördert werden auf der reaktivierten "Saftbahn" zwischen Zörbig und Bitterfeld seit August 2005 hochreines-flüssiges Bioethanol in Kesselwagen; befüllt beim Kraftstoffhersteller Verbio in Zörbig. Waren es anfangs nur Kesselwagengruppen erfolgte zunehmend der Abtransport in Ganzzügen.
Die durch die Verbio Ethanol Zörbig GmbH beauftragte Regiobahn Bitterfeld Berlin GmbH (RBB) setzte ab Anfang 2005 zunächst Loks der BR V100 (BR212/Mak) und 293 ein. Verrübergehend war auch eine an die RBB von der Dortmunder Eisenbahn (DE) vermietete O&KK Lok MC700 N,auf der Strecke im Einsatz.
Baureihe MaK V100 PA (BR 212)
Foto:
Einer der ersten Güterverkehrsleistungen nach der Saftbahn-Reaktivierung: Am 16.08.2005 ist V133 mit fünf Waggons bei Heideloh auf dem Weg nach Zörbig.
Baureihe 293 (Typ: V100-Ost)
Foto:
Kesselwagennachschub für die Wiederbefüllung: Zwischen Sandersdorf und Heideloh bremst Lok V142 samt Wagenpark am 10.10.2006 vor einem Bahnübergang herunter.
Baureihe 345 (Typ: V60-Ost)
Foto:
Unmittelbar nach ihrer Hauptuntersuchung mit "Veolia"-Neulackierung, ist am 13.10.2008 die V60-Lok 345 229-9 auf den Weg nach Bitterfeld Nord. In Sandersdorf fährt sie mit einer Ethanolwagengruppe .
Saison- und ernteabhängig wird für die Ethanolproduktion auch große Mengen Futtergetreide per Bahn angeliefert. Die Traktionierung der Agrozüge erfolgt durch verschiedene Bahngesellschaften. In den Jahren 2008-2009 oblag dies zumeist DB Cargo. Aber auch private Eisenbahnverkehrsunternehmen wie HSL und Freightliner sind für die Anlieferung des "Zörbiger-Getreides" von und nach Bitterfeld zuständig; für die Weiterfahrt nach Zörbig die RBB.
Baureihe MaK V100 PA (BR 212)
Foto:
Einen schweren DB-Zug mit Mais schiebt am 21.03.2009 kurz vor Großzöberitz Lok V133 (MaK V100 PA) nach Zörbig Thura Mark.
Zu einem ehr ungewöhnlichen und selten Fahrzeugeinstz kam es im Janaur 2009: Im Rahmen eines kurzfristig durchzuführenden Maistransportes aus Tschechien, war das Bahnunternehmen D&D mit zwei ihrer Dieselloks der Baureihe 203 tätig. Dank kurzzeitig nutzbarer Gleise im Bahnhof Zörbig zwischen 2009 und 2010, konnte der Wagenzug samt Lokomotiven auf dem Bahnhofsareal zwischengeparkt werden. Genutzt wurden die Gleise in dieser Zeit auch für die Zwischenabstellung von zahlreichen Schiebewandwagen der Firma Transwaggon.
Baureihe 203 (Typ: V100-Ost)
Foto:
Die beiden D&D-Maschinen 1701 und 1702 pausieren am 09.01.2009 im Bahnhof Zörbig.
Gestiegene Kraftstoffpreise, Personalengpässe im Lkw-Speditionsgewerbe und weite Transportwege: Mit der zunehmenden-schienengebundenen Umstellung der Getreideanlieferung seit 2018, pendeln gegenwärtig drei Getreideganzzüge zwischen den Verladeorten und Zörbig / Verbio SE. Haupttraktionär ist das polnische Bahnunternehmen Freightliner und stellt auch die über 100 Schüttgutwagen für den Transport zur Verfügung. Für die Auslieferung des Bioethanols sind gegenwärtig zwei Ganzzüge unterwegs./p>
Mit Stand Mai 2024 setzt die RBB auf der Strecke Lokomotiven der Baureihen 293 (293 500,-501,-900) und Vossloh G6 (650 089,-093) ein, zunehmend je nach Verfügbarkeit auch leistungsstärkere G1206-Maschinen.
Baureihe 275 (G1206/Vossloh)
Foto:
Den polnischen "PKP Blue-Cargoliner", welcher bis Anfang Januar 2024 mit ihren blauen Schwenkdachwagenzügen für farbliche Abwechslung sorgten, beförderte am 10.11.2023 die RBB mit ihrer Lok 1025 im Auftrag der Verbio nach Zörbig.
Baureihe 650 (G6/Vossloh)
Foto:
Der "Greengrainliner" von Freightliner kommt seit Herbst 2023 regelmäßig nach Zörbig. Am 20.04.2024 ist 650 093 mit einer neuen Schwenkdachwagengruppe am Haken zwischen Heideloh und Sandersdorf unterwegs.
+++ Fortsetzung folgt +++