Die Zörbiger Saftbahn

Potential- & Machbarkeitsstudie

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Die Ausgangslage

Die geringe Nachfrage für bestimmte Angebote im Schienenpersonennahverkehr führten in der Vergangenheit zu Abbestellungen und Streckenstilllegungen im Land Sachsen-Anhalt. So sind Strecken bzw. Haltepunkte abbestellt und nicht mehr bedient worden, wenn die Zahl der Ein- und Ausstiege zu gering gewesen sei.
Dieses Kriterium sei letztlich der wichtigste Aspekt und solle jetzt im Fall der „Saftbahn“ neu bewertet und untersucht werden.

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Foto: Letzter Reisezug nach Stumsdorf am 28.02.2002 in Bitterfeld.

Neue Rahmenbedingungen führen zum Potential einer Reaktivierung

Die 20 km lange Strecke, die die beiden Hauptstrecken Leipzig - Dessau und Halle - Magdeburg miteinander verbinde, wurde im Oktober 2002 im Schienenpersonennahverkehr abbestellt. Aktuell finde Schienengüterverkehr im Abschnitt Bitterfeld - Zörbig statt zur Anbindung der Bioraffinerie der VERBIO.

Streckenende in Zörbig

Foto: Derzeitiges Streckenende in Zörbig am Kilometer 14,7. Der weiterführene Abschnitt nach Stumsdorf ist stillgelegt.

Inzwischen habe sich der Chemiepark in Bitterfeld weiterentwickelt, der mittlerweile eine fünfstellige Anzahl an Mitarbeitenden habe. Neu hinzugekommen sei der Technologiepark Mitteldeutschland mit der Progroup Papierfabrik. Zudem sei durch das Deutschlandticket eine deutliche Steigerung der Fahrgastzahlen im gesamten Schienenpersonennahverkehr in Sachsen-Anhalt festzustellen. Das sei der Anlass, über eine Reaktivierung nachzudenken.

Von allen möglichen Strecken in Sachsen-Anhalt habe diese Strecke das größte Reaktivierungspotenzial.

Eine Machbarkeitsstudie mit Kosten-Nutzen-Untersuchung für vier Betriebsprogramme

Bei der durch das Land Sachsen-Anhalt und Nasa GmbH beauftragten Studie geht es um eine Untersuchung bezüglich der Reaktivierung der Bahnstrecke von Bitterfeld nach Stumsdorf. Mit der Inbetriebnahme des mitteldeutschen S-Bahn-Netzes im Jahr 2013 biete sich über eine Verlängerung der heute in Bitterfeld endenden Linie S 2 die Möglichkeit, neuentstandene Gewerbegebiete in Sandersdorf und Zörbig und darüber hinaus die Stadt Köthen an das mitteldeutsche S-Bahn-Netz anzubinden.

Es werde insbesondere das verkehrliche Potenzial einer Reaktivierung in vier Betriebsprogrammvarianten untersucht:

Damit hätte man eine weitere Strecke bzw. eine Anbindung der Region Bitterfeld sowohl in Richtung Halle als auch in Richtung Leipzig. Das würde auch dazu beitragen, dass die parallel laufende B 183 sowohl vom Personen- als auch vom Lkw-Verkehr entlastet würde. Parallel fänden weitere Infrastrukturmaßnahmen statt wie zur Anbindung des Technologieparks im Schienengüterverkehr. Dort entstünden Ausziehgleise. Diesen Rückenwind wolle die NASA GmbH nutzen und mit der Machbarkeitsstudie auch den Personenverkehr untersuchen.

Diese schließe eine Kostenschätzung für die Errichtung bzw. Ertüchtigung barrierefreier Haltestellen in Sandersdorf, Zörbig, Großzöberitz und Stumsdorf sowie für die optionale Errichtung eines weiteren Haltepunktes zur Entschließung des Technologieparks mit ein.

Streckenblick in Zörbig

Foto: Blick auf die stillgelegte Strecke in Zörbig im Mai 2020.

Die Studie bezieht sich auch auf die Erarbeitung der erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen zur Realisierung des dann ggf. angestrebten Betriebsprogramms sowie eine Kostenschätzung in Form einer Grobkostenschätzung mit einer Aufschlüsselung nach Gewerken für die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen in den jeweiligen Szenarien und Untervarianten. Außerdem ist eine Nutzen-Kosten-Untersuchung gemäß der „stabilisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen im öffentlichen Personennahverkehr, Version 2016+“ für die entsprechenden Einzelvarianten und die Grobbewertung des Genehmigungsverfahrens aus der Sicht des Umweltrechts vorgesehen.

Die Potential- und Machbarkeitsstudie wird im Jahr 2024 durchgeführt, sodass Ende 2025 / Anfang 2026 der Abschlussbericht vorliege, um dann weitere Schritte zu unternehmen.

Eine Zusammenfassung über das Projekt hat die NASA auf ihrem Social-Media Kanal bei Facebook und Instagramm veröffentlicht:

Machbarkeitsstudie Werbebild der NASA

Machbarkeitsstudie Werbebild der NASA

Machbarkeitsstudie Werbebild der NASA

Machbarkeitsstudie Werbebild der NASA

Machbarkeitsstudie Werbebild der NASA

Machbarkeitsstudie Werbebild der NASA

Machbarkeitsstudie Werbebild der NASA

Quellen: Nasa GmbH, Ausschuss für Infrastruktur und Digitales LSA (32.Sitzung v.17.11.24), Ausschuss für Finanzen LSA (65.Sitzung v. 07.11.2024)

VCD Kreisgruppe gibt Antworten auf Fragen

Das Verkehrsprojekt rund um die Revitalisierung der "Saftbahn" wird derzeit öffentlich auf Social-Medien diskutiert, die oftmals auch Fragen aufwerfen.
Einige davon beantwortet im Folgenden die VCD Kreisgruppe Anhalt Bitterfeld, welche seit Anfang 2023 das Bahnprojekt um die "Saftbahn" verfolgt und begleitet:

  1. Werden Bahnhofsgebäude für den Schienenpersonennahverkehr benötigt?
    • Anwort: Nein, die Bahnhofsgebäude werden für den Betrieb nicht benötigt, da Signal- und Bahnübergangsanlage vom Zug oder von einem zentralen Stellwerk aus ansteuert werden können. Daher müssen Bahnhöfe nicht mehr mit Fahrdienstleitern oder Schrankenwärter besetzt werden.
  2. Wo könnten sich Züge kreuzen?
    • Antwort: Zugkreuzungsstellen könnten in Sandersdorf und Zörbig eingerichten werden. Bis zur Einstellung des Reiseverkehrs in 2002 war Sandersdorf Kreuzungsbahnhhof. Die Bahnflächen dafür sind nach wie vor eisenbahnrechtlich gewidmet und ermöglichen einen Wiederaufbau der Kreuzungsgleise.
  3. Im Bahnhof Stumsdorf existiert das Bahnsteiggleis 3 nicht mehr; wird dies für den Personenverkehr benötigt und an welcher Stelle könnte die Wiederanbindung der Saftbahngleises erfolgen?
    • Antwort: Nicht unbedingt. Je nach Betriebsmodell könnte ein separater neuer Bahnsteig 3 entstehen. Möglich wäre auch die Nutzung des Bahnsteigs 2. Hierfür müsste eine Wiederanbindung der Saftbahn mit einer Anschlussweiche nach Köthen (Strecke Magdeburg-Leipzig) erfolgen. In einem Planfeststellungsbeschluß aus dem Jahr 2019 wurde die Anbindung am Bahnkilometer 66,8 zwischen Stumsdorf und Niemberg vorgeschlagen.
  4. Bedaf es einer Sanierung der Bahnstrecke zwischen Bitterfeld und Stumsdorf?
    • Antwort: Ja. Die über 50 Jahre alte Gleisinfrastruktur muss ertüchtigt und saniert werden. Ein Großteil der verbauten Schwellen stammen aus dem Jahr 1972 und entsprechen nicht mehr den Anforderungen der heutigen Zeit.
  5. Müssen Bahnübergänge umgebaut oder können sie wieder in Betrieb genommen werden?
    • Antwort: Die einst technisch gesicherten Bahnübergänge in der Ortschaft Zörbig, aber auch die beiden Übergänge in der Ortslage Sandersdorf müssen erneuert werden. Die in Zörbig noch sichtbaren Übergangsanlagen entsprechen nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen. Mit neuer Bahnübergangstechnologie können heutzutage kurze Schrankenschließzeiten erreicht werden. Unbeschrankte Übergänge, wie z.B. in Heideloh und Großzöberitz müssten zusätzlich mit neuer Bahnübergangstechnik ausgestattet werden. .
  6. Sind Lärmschutzwände in den Ortschaften notwendig?
    • Antwort: Nicht unbedingt. Hintergrund: Mit der Erneuerung von Schwellen und Schienen werden Fahrgeräusche erheblich reduziert. Dies betrifft auch die Wahrnehmung von Bremsgeräuschen. Nach einer Gesetzesänderung müssen seit 2020 die Schienenfahrzeuge mit Flüsterbremsen ausgestattet sein.

Streckenerkundungsfahrt am 21.03.2025 mit Vertretern der Nasa, Ingenieurbüro und Regiobahn Bitterfeld Berlin

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