Die Zörbiger Saftbahn

Pressemeldung vom 05.01.2005


Wieder auf die Schiene

"Saftbahn" feiert noch in diesem Jahr ihr "come back"

Mit dem 1. Juli 2004 schien das Schicksal der Bahnstrecke zwischen Bitterfeld und Stumsdorf endgültig besiegelt, die DB AG hatte die Strecke für den öffentlichen Einsatz offiziell abgemeldet. Aus wirtschaftlichen Gründen fuhr hier schon lange kein Zug mehr, der Personenverkehr war bereits vor längere Zeit eingestellt worden. Auch private Betreiber wurden nicht gefunden. Der Steuerzahlerbund kritisierte in seinem Schwarzbuch den Bau der Brücke für die B 183n über diese Strecke als Steuerverschwendung. Neue Hoffnung keimte auf, als die Sauter Gruppe 2002 in der Thura Mark eine Großinvestition startet und eine Bioethanolanlage (MBE) errichten will. Dazu müssen große Mengen an Rohstoffen, vor allem Getreide, antransportiert und das Endprodukt, hochkonzentrierter Bioalkohol, abtransportiert werden - insgesamt mehr als 300 000 Jahrestonnen. Der aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen Bioalkohol geht voll in die Kraftstoffindustrie als Antiklopfmittel und als Beimischung zu Kraftstoffen für Ottomotoren. Inzwischen steht die Anlage und das Produkt ist aufgrund steigender Kraftstoffpreise sehr begehrt. Außerdem sucht die Landwirtschaft neue Abnehmer, da die Subventionen für den Roggenanbau wegfallen. Gespräche zwischen Wirtschaftsminister Rehberger, der MBE GmbH und der Kommune zur Wiederbelebung der Saftbahn ergaben, dass nur kommunale Interessen gefördert werden könnten. "Dies aber mit einem privaten Betreiber zu lösen, scheiterte", erläuterte Wolfgang Gernert, der sich als Leiter des gemeinsamen Verwaltungsamtes der VG Zörbig (zum 31. Dezember 2004 aufgelöst) vehement um die Nutzung der stillgelegten Eisenbahnstrecke mühte. Nun stieg die Kommune selbst ins Boot, denn massive Verkehrsprobleme würden für die Stadt auftreten, wenn alles über die Straße transportiert werden müsste. Am 1. Dezember wurde die Zörbiger Infrastruktur Gesellschaft mbH (ZIG), als 100-prozentige Tochter der Stadt Zörbig gegründet, einen Tag später in das Handelsregister eingetragen und am 1. Januar 2005 mit der wirtschaftlichen Tätigkeit begonnen, so Gernert. Man sehe dies auch als aktive Wirtschaftsförderung, weil bereits andere Unternehmen ihr Interesse bekundeten, diesen Transportweg mit zu nutzen. Bei der ZIG mbH laufen nun alle Fäden zusammen. Mit der DB-Netz wurde ein Pachtvertrag für die Strecke zwischen Stumsdorf und Grube Antonie geschlossen und seit 15. Dezember liegt die Genehmigung zum Betreiben der Strecke vom Landesverkehrsministerium vor. Erste Aufgabe der ZIG ist es nun die Infrastruktur des Gleises als "Anschlussbahn" zu ertüchtigen. Dazu wurde bereits ein Ingenieurbüro beauftragt, die notwendigen Arbeiten festzulegen. Die Leistungen werden ausgeschrieben. Zum Beispiel die teilweise Gleiserneuerung, Gleissicherungsanlagen, Wiederherstellung des Lichtraumprofils, Gräben profilieren, Bahnübergänge an technische Parameter für Anschlussbahnen anpassen. Mit etwa 2 Mio. Euro sind die Gesamtkosten für die Ertüchtigung der Strecke beziffert. Cirka 60 % davon sollen aus Fördermittel des Landes kommen. Ein weiterer Teil ist über Verträge mit der Firmengruppe Sauter abgedeckt. Speditionsverträge mit potentiellen Nutzern sichern zum großen Teil die Betriebskosten, so dass das Risiko für die Stadt sich in überschaubaren Grenzen hält und der Stadtrat zugestimmt hat. "Natürlich hoffen wir", so Gernert, dass unser Angebot auch noch weitere Interessenten findet. So wird zum Beispiel am Gewerbepark Heideloh eine Weiche in das Gleis eingebaut, um die dortigen Unternehmen einen Anschluss zu ermöglichen." Das Interesse an der Anschlussbahn wird steigen, ist sich Gernert ziemlich sicher. Dazu tragen schon die Lkw-Maut ab 1. Januar und weiter steigende Kraftstoffpreise bei. Bei der Mitteldeutschen Bioethanol GmbH (MBE) ist der Gleisanschluss bereits vorhanden und ausgebaut. Dort wird dringend auf die Inbetriebnahme der Strecke gewartet, da die Großkunden die Lieferung des Alkohols (99,8 %) per Kesselwagen oder Schiff fordern. Der 1. Zug soll so schnell wie möglich rollen - realistisch sei das im II. Quartal, so Gernert. Bis dahin muss auch ein Unternehmen gefunden werden, dass die Bahn im Auftrag der ZIG betreibt. Damit wird die Strecke erhalten und ein erheblicher Teil der Transporte von der Straße auf die Schiene verlagert, freut sich Gernert. Personenverkehr wird es aber nicht mehr auf dieser Strecke geben, das lassen die Bedingungen für eine Betriebsführung als Anschlussbahn nicht zu.

Wochenspiegel Landkreis Bitterfeld, Zörbig/rg, 05.01.2005

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