Die Zörbiger Saftbahn

Pressemeldung vom 25.10.2005


Absatz von Biokraftstoff erfüllt nicht die Erwartungen

Anlagen zur Ethanol-Produktion nicht ausgelastet - «Mineralölwirtschaft blockiert»

Der Absatz des neuen alternativen Kraftstoffes Bioethanol bleibt hinter den Erwartungen der Hersteller zurück. \"Wir produzieren nur mit halber Kapazität\", sagt Bernd Klotz, Geschäftsführer der Mitteldeutschen Bioenergie aus Zörbig. Auch bei Europas größter Bioethanolanlage von Südzucker in Zeitz gibt es Anlaufprobleme. Als Grund nennen die Ethanol-Anbieter eine teilweise Blockade der Mineralölindustrie. Diese weist die Vorwürfe zurück.
Die Mineralölwirtschaft verzichtet weitgehend auf die Beimischung des alternativen Kraftstoffes Bioethanol. Dies führt bei den Betreibern der neuen Ethanolanlagen in Zörbig und Zeitz zu Problemen in der Auslastung. \"Der Absatz liegt hinter den Erwartungen, zudem erzielen wir nur schlechte Preise\", sagt Bernd Klotz, Geschäftsführer der Mitteldeutschen Bioenergie (MBE). Die Mineralölindustrie sieht dagegen die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben.
Nur mit halber Kapazität läuft die 35 Millionen teure Zörbiger MBE-Fabrik, die im Herbst 2004 als erste deutsche Bioethanolanlage den Betrieb aufnahm. 80 000 Tonnen hoch reinen Alkohols könnten produziert werden, der aus Getreide gewonnen und dem Otto-Kraftstoff beigemischt wird. Nach einer EU-Richtlinie sollen bis 2010 europaweit 5,75 Prozent aller Kraftstoffe aus pflanzlichen Rohstoffen stammen. \"Die Mineralölwirtschaft signalisierte, Biosprit einzusetzen und blockiert nun\", beklagt Klotz.
Auch bei Europas größter Bioethanolanlage von Südzucker in Zeitz laufen die Geschäfte rund ein halbes Jahr nach dem Start nicht rund. \"Wir verkaufen unsere komplette Produktion, allerdings nicht bei voller Kapazität\", so Lutz Guderjahn. \"Wir stoßen bei den großen Mineralölfirmen auf Ablehnung.\"
Der Markt ist überschaubar: Derzeit gibt es nur drei Anlagen für die Produktion von Bioethanol in Deutschland - zwei davon in Sachsen-Anhalt. Südzucker will sich im Bereich der alternativen Kraftstoffe ein neues Geschäftsfeld aufbauen. Da Ethanol bis 2009 von der Mineralölsteuer befreit ist, was sich kostensenkend auswirkt, erwartete man ein lohnendes Geschäft.
Der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) rechnet dagegen anders: \"Es gibt bei der Beimischung von Bioethanol einige technische Probleme\", erklärt MWV-Hauptgeschäftsführer Klaus Picard. Im Gegensatz zum Biodiesel sei Ethanol nicht wirtschaftlich genug. \"Die Produzenten von Bioethanol haben Kapazitäten geschaffen, wofür es keine Nachfrage gibt.\" In den letzten Jahren gab es eine Absatzverschiebung vom Benzin- zu Dieselfahrzeugen. Infolge der stärkeren Dieselnachfrage produzieren die Raffinerien mehr Benzin, als sie eigentlich verkaufen können.
Dennoch signalisiert Picard Gesprächsbereitschaft: \"Wir blockieren nicht, die EU-Richtlinie werden wir einhalten.\" Durch den hohen Anteil Biodiesel liege Deutschland schon jetzt über dem Richtwert 2005 von zwei Prozent. Der Chef der Zeitzer Bioethanolanlage, Guderjahn, fordert von der Politik eine Steuerbefreiung über das Jahr 2009 hinaus. \"Wenn es auf dem Markt Sicherheit gibt, erwarten wir eine positive Entwicklung.\"
Die Bioethanolproduzenten verweisen zudem auf ihre Bedeutung für die Landwirtschaft. Allein Zeitz hat die Kapazität, Bauern aus der Region jährlich bis zu 700 000 Tonnen Weizen abnehmen, in Zörbig sind es 250 000 Tonnen Roggen. \"Dies Potenzial darf nicht gefährdet werden\", so MBE-Chef Klotz.

Mitteldeutsche Zeitung, Zörbig/Halle/MZ, Steffen Höhne, 25.10.2005

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