Höhere Biosprit-Beimischung fällt weg
Anlass: Besitzer von mindestens einer Million Autos müssten teureres Super plus tanken
Vielen Fahrern älterer Autos bleiben höhere Tankkosten durch mehr Biosprit im Benzin voraussichtlich erspart. Die Pläne von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Verdoppelung des Bioethanol-Anteils im Benzin auf zehn Prozent stehen vor dem Aus, da nach Schätzungen der Autobranche mehr als eine Million Fahrzeuge den Sprit nicht vertragen. Die Bundesregierung will verhindern, dass zu viele Autofahrer Mehrkosten haben, weil sie teureren Sprit tanken müssen. Der Parlamentarische Umweltstaatssekretär Michael Müller (SPD) rechnet damit, dass die Pläne zunächst vom Tisch sind.
Wenn zu viele Autofahrer statt Benzin Super tanken müssten und mit zusätzlichen Kosten belastet würden, «dann gehen wir davon aus, dass diese Verordnung nicht in Kraft treten kann», sagte Vize- Regierungssprecher Thomas Steg. Diese sozialen und wirtschaftlichen Folgen seien «für uns wichtig». Gabriel will die entsprechende Verordnung stoppen, wenn die Marke von einer Million Autos erreicht ist. Staatssekretär Müller sagte dem RBB-Inforadio, er gehe davon aus, dass diese Zahl erreicht werde.
«Wir setzen die Verordnung nicht in Kraft, solange wir keine klaren Zahlen haben. Und wir werden sie nicht in Kraft setzen, wenn die Zahl eine Million Fahrzeuge übersteigt», sagte Gabriel den «Stuttgarter Nachrichten» (Mittwoch).
Der ADAC rechnet mit rund drei Millionen Fahrzeugen, die auf teureres Super plus ausweichen müssten und fürchtet, dass Bioethanol Dichtungen und Leitungen aus Kunststoff beschädigt. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hatte von 375 000 Fahrzeugen gesprochen, bei denen Probleme auftreten. VDA-Präsident Matthias Wissmann rechnet inzwischen mit weniger als den bisher angegebenen 375 000 «Benzinern» deutscher Hersteller. Die Zahl werde «klar darunter» liegen, sagte er in Ludwigsburg. Ausschlaggebend sind aber die Angaben der Importeure. Das Umweltministerium hofft, dass die Verbände ihre Zahlen an diesem Donnerstag vorlegen.
Die Bundesregierung hält dennoch am Ziel eines höheren Biospritanteils für den Klimaschutz fest. Die Verwendung von Biokraftstoffen sei richtig und diene dem Klimaschutz, sagte Steg. Offen ist, welche Folgen ein Scheitern des Zehn-Prozent-Anteils von Ethanol für die deutschen und europäischen Klimaschutzziele hätte. Dann stelle sich die Frage, wie die Biokraftstoffanteile zu erreichen seien, sagte Ministeriumssprecher Michael Schroeren.
Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn forderte ein Tempolimit. «Nach dem Scheitern der Beimischungsquote wird die Bundesregierung ihre Annahmen zum Klimaschutzbeitrag von Biokraftstoffen drastisch nach unten korrigieren müssen», sagte sie der dpa. «Beim Tempolimit auf Autobahnen und bei den CO2-Grenzwerten für sparsamere Autos muss sich die Bundesregierung nun bewegen.» Bayerns Europaminister Markus Söder (CSU) bezeichnete Gabriels Strategie in der ZDF-Sendung «Frontal 21» am Dienstagabend als falsch. FDP-Verkehrspolitiker Patrick Döring forderte Garantien der Hersteller.
Mitteldeutsche Zeitung, MZ-Web.de, Berlin/dpa., Online-Ausgabe vom 02.04.2008