Die Zörbiger Saftbahn

Pressemeldung vom 24.03.2002


Höhere Trassenpreise für Regionalstrecken

Kommentar von Stephan Boenigk

Die Deutsche Bahn hat am 18. März 2002 in einer Pressemitteilung angekündigt, dass ab 1. Januar 2003 für Regionalstrecken, die nur für den SPNV genutzt werden, höhere Trassenpreise zu bezahlen sind. Dazu werden Regionalfaktoren eingeführt, die sich in Sachsen und Sachsen-Anhalt zwischen 1,5 und 2,5 bewegen und mit den bisherigen Trassenpreisen multipliziert werden.

Für jeden Zugkilometer auf Regionalstrecken will DB Netz künftig z.T. mehr als das Doppelte kassieren, ohne dass sich die Leistung verbessert? Da kommt einem gleich das neue DB-Preissystem im Fernverkehr in den Sinn ...

Viele Zweigstrecken wurden jahrelang vernachlässigt. In Sachsen-Anhalt wurden schon einige Strecken stillgelegt, noch schlimmer ist die Situation in Sachsen. Nach den illegalen Stillegungen (zustandsbedingte Sperrungen aufgrund unterlassener Instandhaltung) und Abbestellungen der letzten Jahre stehen wieder mehrere Strecken auf der \"Abschussliste\", weil DB Regio für künftige Bestellungen im Schienennahverkehr Sachsens fast 11 Euro verlangt und die Verantwortlichen zum großen Teil trotzdem von einer Weiterbestellung des SPNV bei DB Regio ausgehen statt mehr als bisher auf Ausschreibungen zu setzen.

Je schlechter die Produktivität, desto höher soll der Regionalfaktor sein. Für die in schlechtem Zustand befindlichen Erzgebirgsstrecken bedeutet das einen relativ hohen Faktor. Die Aufgabenträger, die für die SPNV-Bestellung zuständig sind (in Sachsen die Zweckverbände), werden sich gründlich überlegen, ob auf den gegenwärtig meist im zweistundentakt bedienten Strecken mehr bestellt wird, z.B. stündlich fahrende Regionalbahnen.

Dass für eine bestimmte Leistung ein angemessener Preis zu zahlen ist, ist einzusehen. Für eine schlechte (und schlechter werdende) Leistung mehr zu kassieren, grenzt an Abzockerei. Nach der Ankündigung höherer Trassenpreise kommt der Verdacht auf, dass man bei DB Regio von diesen Plänen schon wusste, als im Herbst 2001 die \"Preiserhöhung\" für die SPNV-Bestellung in Sachsen verkündet wurde.

Offensichtlich will DB Netz von der Bestellerentgelten im SPNV einen großen Anteil abbekommen, wenn schon nicht mehr alles bei der \"Konzernschwester\" DB Regio bestellt wird.

Verkehrspolitische Konsequenzen aus der DB-Ankündigung über höhere Trassenpreise in Regionalnetzen sollten folgende Maßnahmen sein:
[ul]
[li]Schnelle und kostengünstige Sanierung der Regionalnetze, z.B. in Verantwortung der Länder - wie in Sachsen geplant. Die Betriebskosten werden dadurch gesenkt, entsprechend sinken die Zuschüsse bzw. Bestellerentgelte.[/li]
[li]Regionalisierung des Netzes, regionale Verantwortung für die Infrastruktur z.B. durch langjährige Pacht oder Übernahme in Eigentum von Ländern und Kommunen.[/li]
[li]Wettbewerb durch Ausschreibungen im SPNV sowie bei der Infrastruktur. Die Regionalisierungsmittel werden damit effektiver eingesetzt. Außerdem können Strecken kostengünstiger und schneller saniert werden.[/li]
[li]Abkehr von der Illusion eines kostendeckenden Netzes, d.h. Senkung der Trassenpreise. Kostendeckung durch die Trasseneinnahmen konnte seit der Bahnreform ohnehin nicht erreicht werden, es waren immer Zuschüsse oder Querfinazierungen notwendig.[/li]
[li]Sinnvolles Maß für die Trassenberechnung sollte der Ausbaustandard sein. Für gut ausgebaute Strecken wären dann die Trassenpreise höher als bei unsanierten Strecken mit vielen Langsamfahrstellen. Damit wird ein fairer Wettbewerb für alle Betreiber ermöglicht.[/li][/ul]

Die Verkehrspolitik in Bund und Ländern ist hier gefordert, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen. Der Wettbewerb auf der Schiene sowie das Ziel \"mehr Verkehr auf die Schiene\" dürfen keine Lippenbekenntnisse bleiben. Die Erhöhung der Trassenpreise spricht einmal mehr für die Trennung von Netz und Betrieb.

Pro Bahn, Fahrgastverband Mitteldeutschland

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