Die Zörbiger Saftbahn

Pressemeldung vom 12.05.2012


Verbio im Jahr des Gewinns

Skepsis im Bau-Ausschuss: Zörbiger fürchten um Straßen

Verbio verzeichnet einen steigenden Umsatz und rechnet mit noch mehr. Deshalb soll in Zörbig gebaut werden. \\\"Ehe man sich versieht, ist bereits Oktober\\\", sagt Wolfram Klein, Geschäftsführer von Verbio am Standort Zörbig. Auf dem Gelände sollen drei zusätzliche Schlempe-Behälter entstehen, möglichst noch in diesem Jahr.

Drei Behälter stehen bereits. In diesen riesigen von der Bundesstraße sichtbaren dosenähnlichen Sammelbehältnissen wird der sogenannte Wirtschaftsdünger gelagert. Dieses bei der Produktion von Ethanol und Methan entstehende Nebenprodukt wird auf den Feldern um Quetzdölsdorf ausgebracht oder dort im Silo gelagert. Seitdem die weltweit einzigartige Biomethangas-Anlage in Zörbig im März in Betrieb genommen wurde, läuft das Geschäft immer besser. Wie Verbio am Donnerstag bekannt gab, verzeichnet das Unternehmen insgesamt im ersten Quartal 2012 einen Umsatz von rund 200 Millionen Euro, 41 Prozent mehr als 2011. Von dem Umsatz bleiben 4,3 Millionen Gewinn vor Steuern und Zinsen. Der Rest verliert sich in Forschung und Investitionen. Verbio will in Zörbig beispielsweise die Produktionsanlage erweitern. \\\"Die Anträge dafür laufen bereits\\\", so Klein. Doch erst sollen die Schlempebehälter gebaut werden.

Diskussion im Bauausschuss

Dafür bedarf es einer Baugenehmigung. Auf der jüngsten Bauausschusssitzung hat Klein das Anliegen vorgetragen. 10 000 Kubikmeter Flüssigkeit kann jeder einzelne Behälter aufnehmen. \\\"Unsere Böden werden verhärtet durch die Schlempe\\\", befürchtet Manfred Tscharnke, Ortsbürgermeister von Quetzdölsdorf. Als nach dem Winter die Ausfuhrsaison begann, hat er die vielen Lkw durch sein Dorf rollen sehen. \\\"Natürlich ist die Schlempe biologisch. Doch zu den insgesamt 30 000 Kubikmetern von Verbio kommen die ganzen Fuhren auch aus Bitterfeld und Umgebung\\\", so Tscharnke. Niemand wisse, wie sich die dauerhafte Überdüngung auswirke. Mit den drei zusätzlichen Behältern werde das Volumen allein durch Verbio verdoppelt. Das beunruhigt Tscharnke.

Zu unrecht, meint Klein. \\\"Es fallen nur biologische Abfallstoffe an, die auch aus der Natur entstanden sind\\\", erläutert der Chemiker. \\\"Wir geben den Landwirten außerdem nur die Mengen, die sie haben wollen.\\\" Neben der Verhärtung der Böden fürchten die Zörbiger Bauausschussmitglieder allerdings auch um den zunehmenden Verfall der Straßen. Zu stark beanspruchten die Lkw die Bitumen in und um Zörbig. Vor allem die Jeßnitzer Straße in Zörbig selbst sei betroffen. Auch in Quetzdölsdorf bezeugen erste Risse in den Belägen die starke Beanspruchung der Fahrbahnen. \\\"In den Spitzenzeiten, also zur Ernte und zum Ausfahren des Ablaufwassers, sind es bestimmt 60 Lkw, die auf das Gelände rollen\\\", weiß auch Klein. Doch die Jeßnitzer Straße sei derzeit der einzige Zufahrtsweg zum Verbio-Gelände. Eine, wie vom Bauausschuss vorgeschlagene Querung der Bahnschiene über die Bitterfelder Straße, sei zu umständlich: \\\"Dann sind wir wieder von der Bahn abhängig.

Außerdem müsste das Tempo gedrosselt werden, sonst haben wir nur Unfälle. Das können wir nicht verantworten\\\", argumentiert Klein. Eine Lösung will Verbio dennoch anstreben. \\\"Wir brauchen die Behälter auf jeden Fall\\\", bekräftigt Klein. Schon jetzt sei die Anlage sehr gut ausgelastet, auch wenn die Erweiterung nicht genehmigt würde.

Arbeitsplätze für Zörbig

Das Autokontor Bayern vor dem Verbio-Gelände gehört wie Verbio ebenfalls zur Sauter-Gruppe. Im Bebauungsplan des Areals sei laut Klein ohnehin eine Straße vorgesehen. \\\"Dort werden wir verhandeln.\\\" Zörbigs Bürgermeister Rolf Sonnenberger zeigt sich ebenfalls optimistisch, dass eine Lösung gefunden werden kann. Schließlich sei Verbio ein wichtiger Arbeitgeber für die Region. Insgesamt 95 Mitarbeiter sind in Zörbig direkt bei Verbio beschäftigt. Hinzu kommen die Mitarbeiter der Märka, dem hauseigenen Logistikunternehmen, Mitarbeiter des Autokontors. \\\"Das sind insgesamt 150 Arbeitsplätze\\\", so Klein.

Claus Sauter, Geschäftsführender Gesellschafter der Sauter-Gruppe, versichert zudem: \\\"Wir werden unseren Standort Zörbig, wo wir klein angefangen haben, auch nicht vergessen und uns weiterhin für die Region engagieren.\\\" Langfristig werde Zörbig auch stärker vom Gewinn profitieren. \\\"2011 war das Jahr der Erfahrungen. 2012 wird das Jahr des Gewinns.\\\"

HINTERGRUND:
Ethanol, Methan und Wirtschaftsdünger entstehen

Die Gasgewinnung aus Stroh bei Verbio gleiche dem Prozess, der in einer Kuh ablaufe, erläutert Wolfram Klein. Dem Ausgangsstoff Getreide werde Wasser beigegeben, in mehreren chemischen Prozessen entstehe neben Ethanol auch Methangas, das in Netzqualität aufbereitet und in das Netz der Mitgas eingeleitet wird. Anschließend wird das entstehende Ablaufwasser von Stickstoff befreit, woraus ein konzentrierte Stickstoffdünger entsteht. Übrig bleiben die Stoffe, die nicht mehr zersetzt werden können. Diese \\\"Dünnschlempe\\\" oder \\\"Wirtschaftsdünger\\\" wird auf die Felder ausgebracht.

Kommentar
von Kathleen Bendick

Durchhalten!

Verbio hat im März die größte Biogasanlage weltweit in Betrieb genommen. In dieser, so wirbt das Unternehmen, wird Stroh zu Gold gesponnen. Das Stroh wird durch Hefen und Bakterien zersetzt, Bioethanol und Methan werden gewonnen. Ein Unterfangen, das mit Blick auf die steigenden Benzinpreise zukunftsträchtig scheint. Umso größer sollte die Freude sein, dass dieses Unternehmen nicht in Hamburg, Tokio oder einer sonstigen Welthandelsstadt liegt. Diese sensationelle Anlage steht hier bei uns in Zörbig. Mit dem Erfolg des Unternehmens klingelt durch die Reininvestitionen in Forschung und Erweiterungsbauten zwar nicht sofort die Kommunenkasse, aber die Bekanntheit der kleinen Stadt ist schon jetzt gestiegen. Und wo „Stroh zu Gold“ gesponnen wird“, wollen auch andere erfolgreich sein. Langfristig macht es sich deshalb sicherlich bezahlt, beharrlich mit Verbio über Straßen nd Weiteres zu verhandeln. Zeigt man sich dem Unternehmen wohlgesonnen, wird auch Claus Sauter weiterhin „Zörbig nicht vergessen wollen“. Vielleicht wird sich der Unternehmer in anderer Weise in Zörbig erkenntlich zeigen. Ein umfangreiches Stadtbad-Sponsoring käme derzeit gelegen. Das so gesparte Geld können die Stadt weder in die Straßen stecken.

Pressebild    
Foto: MZ
Wolfram Klein erläutert, weshalb die neuen, gelben, Behälter gebraucht werden.
   

Mitteldeutsche Zeitung Anhalt-Bitterfeld, Ausgabe 12.05.2012, ZÖRBIG/MZ

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