Tempo in der Papierfarbik
INDUSTRIE Nach nur sieben Monaten Bauzeit feiert die Progroup AG in ihrem neuen Werk Richtfest. Es ist die größte Investition in ganz Sachsen-Anhalt
Sie haben es sehr eilig auf der Baustelle der Progroup AG. Selbst während des Richtfestes für die neue Papierfabrik in Sandersdorf-Brehna machten einige Arbeiter am Donnerstag draußen keine Pause. Ein Beton-Fundament musste gegossen werden. Das Ziel ist klar: In einem Jahr am 24. August 2020, soll hier die Produktion starten. Selbst die Uhrzeit dafür steht schon fest.
Derzeit werkeln auf dem 44 Hektar großen Gelände bis zu 800 Bauarbeiter gleichzeitig. Wenn alles fertig ist, wird an der Autobahn 9 direkt neben dem Solar Valley eine der modernsten Papierfabriken der Welt stehen. Aus 860 000 Tonnen Altpapier sollen hier pro Jahr 750 000 Tonnen Rohpapier für Wellpappe hergestellt werden. Vor drei Tagen ist ein Schiff im chinesischen Shanghai gestartet, an Bord hat es die größte Papiertrommel der Welt. Im Oktober soll das 48 Meter lange Gerät an seinem Bestimmungsort Sandersdorf-Brehna ankommen.
Bei der familiengeführten Firma aus Landau (Rheinland-Pfalz) denkt man schon seit einigen Jahren in größeren Dimensionen. Progroup-Chef Jürgen Heindl erklärt beim Richtfest vor rund 400 Gästen, Bauarbeitern und Auftragsnehmern: „Wir wollen, dass die Anlage auch noch in 50 Jahren hier produziert.“ Die Firma mit einem Jahresumsatz von zuletzt 966 Millionen Euro setzt auf striktes Wachstum im Verpackungsmarkt. Dafür werden jetzt 465 Millionen Euro für die neue Fabrik und die Maschinen verbaut. „Es ist bisher unsere größte Investition“, sagt Heindl. In der Fabrik werden später über neun Meter breite Papiere hergestellt. Dabei sind neue Produktionsrekorde schon eingeplant.
Es wird das dritte Papierwerk von Progroup. Eine ähnliche Anlage steht bereits in Eisenhüttenstadt (Brandenburg), eine weitere Fabrik in Burg bei Magdeburg, wo Progroup inzwischen einer der größten Arbeitgeber ist. In allen drei Papierfabriken werden Papiere unterschiedlicher Qualität hergestellt – alle für die Produktion von Wellpappen. Auch dabei setzt das Unternehmen auf Wachstum, wie Heindl erklärt. Zehn Papp-Fabriken in Deutschland, Polen und Tschechien gibt es bereits, weitere sollen folgen.
Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) erklärte am Rande des Richtfestes gegenüber der MZ: „Dies ist die größte Einzelinvestition in der Geschichte des Bundeslandes seit der Wiedervereinigung.“ Das Land unterstütze die Ansiedlung laut einer Förderrichtlinie mit 7,5 Millionen Euro. Da die Herstellung von Papier wasser- und energieintensiv ist, will Progroup auch auf ressourcenschonende Verfahren setzen. Für das Wasser wird zwar eine eigene Leitung verlegt, die auch eine Kleinstadt versorgen könnte, damit soll aber nur die Verdunstung ausgeglichen werden. Ansonsten gebe es einen geschlossenen Wasserkreislauf, erklärt Junior-Chef Maximilian Heindl – eine Neuheit auf dem Weltmarkt. Für einen Teil der Energieversorgung sei noch ein eigenes Kraftwerk geplant, erklärt er unter dem vom Hallendach hängenden riesigen Richtkranz.
Die Unternehmenssteuern sollen übrigens Sandersdorf-Brehna zugute kommen, erklärt Bürgermeister Andy Grabner (CDU). „Auch der geplante Gleisanschluss wird angegangen.“ Wann der fertig wird, sei noch offen. Grabner hofft, dass so bis zu 10 000 Lkw-Fahrten pro Jahr eingespart werden können.
Mitteldeutsche Zeitung „ Bitterfelder Zeitung“, Sandersdorf-Berhna/MZ von Tilo Krippendorf , 23.08.2019