Bahnhof wird neu gebaut
VERKEHR Die Deutsche Bahn will das Gebäude in Bitterfeld abreißen. Der Neubau soll bis zum Jahr 2024 an alter Stelle stehen.
Dem Bitterfelder Bahnhof schlägt bald das letzte Stündlein. Denn die Bahn AG will das 1857 errichtete und später mehrfach umgestaltete Gebäude abreißen. Das hat Stefan Hermann, Amtsleiter für Stadtentwicklung, bestätigt. Grund für einen Aufschrei ist das allerdings nicht. Denn an dessen Stelle soll ein modernes Bahnhofsgebäude errichtet werden. Das bedeutet zugleich, dass die Stadt das Umfeld neu gestalten und zu einer gut funktionierenden Schnittstelle ausbauen wird.
Stadt will mitreden
Bereits 2018 unterrichtete die Deutsche Bahn die Stadt davon, dass sie den Bahnhof einer Verjüngungskur unterziehen wolle. Drei Varianten waren laut Hermann im Spiel: Sanierung, Teilabriss oder Komplettabriss. Inzwischen ist die Entscheidung für Abriss und Neubau gefallen und die DB-eigene Projektplanungsgesellschaft mit der Planung beauftragt worden.
Der Bauausschuss hat vor Monaten den Auftrag der konzeptionellen Entwicklung der Schnittstelle Bitterfeld an diese DB-Tochter vergeben. „Und wir als Stadt haben klargemacht, dass wir eingebunden sein wollen“, so Hermann. Doch fest steht bislang nur, dass bis 2024 der neue Bahnhof stehen soll. Wie er konkret aussehen wird aber, ist unklar.
„Es gibt bislang keine Freigabe der Bahn zu den Plänen für das Bahnhofsgebäude“, bedauert Hermann. Klar sei nur, dass der Neubau wahrscheinlich eingeschossig wird und an den Typ des Wittenberger Bahnhofs angelehnt sein soll - allerdings in größeren Dimensionen.
Neben den Serviceeinrichtungen der Bahn soll das Gebäude auch Geschäfte des Reisebedarfs beherbergen. Den heutigen Betreibern der angesiedelten Einrichtungen sollen laut Hermann entsprechende Angebote gemacht werden. „Und die gegenwärtigen Nutzer sind auch interessiert, dort mitzuwirken.“ Zusätzlich sei beispielsweise ein Blumengeschäft denkbar. Auch eine Fläche für Außengastronomie stehe zur Debatte.
Mit dem Neubau soll zudem das leidige Thema Toilette geklärt werden. „Das WC wird in das Bahnhofsgebäude integriert“, so Hermann, „und auch nachts nutzbar sein.“
Architektonisch seien bei der Bahn drei Varianten im Gespräch. Die Stadt plädiere allerdings für eine eineinhalbstöckige Version und habe dies auch bei der Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt (Nasa) vorgestellt. Nach einem vorläufigen Bescheid soll die Maßnahme in Jahresscheiben zwischen 2021 und 2024 umgesetzt werden. „Allerdings unterliegt das Projekt noch einem Vorstandsbeschluss der DB.“
Am Standort des Gebäudes selbst wird sich nichts ändern. Und auch die Bahnsteige werden nicht angefasst. Schließlich wurden die Gleisanlagen bereits modernisiert, so dass ein Teil davon mit Tempo 200 durchfahren werden kann. Die große Bedeutung Bitterfelds als Bahnknotenpunkt dürfte letztlich auch den Ausschlag für das Neubau-Projekt des Bahnhofs gegeben haben.
Bessere Anbindung an Stadt
Die Stadt macht nun aber Druck, indem sie ihre Planungen für die Gestaltung des Umfeldes vorantreibt. Im Ortschaftsrat Bitterfeld und im Bauausschuss wurden die Vorhaben nun erstmals vorgestellt. Dabei geht es vor allem darum, die Bedingungen für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer sowie die Verknüpfung mit dem ÖPNV zu verbessern. Ziel ist auch die bessere Anbindung an die Stadt und eine Verkürzung der Wege.
„Wir heben das Ganze auf eine neue Qualitätsstufe“, sagt Hermann. So soll der seit langem zu kleine Park+Ride-Bereich vergrößert werden. Dazu wurde bereits 2017 die Fläche Mittelstraße/Schwarzer Weg im Zuge der Planungen für das neue Feuerwehrgebäude als neue Parkfläche mit rund 120 Plätzen vorgesehen. „Sie soll möglichst zeitnah an die Fertigstellung der Feuerwehr nutzbar sein.“ Links vom Zugang zum Bahnhof sollen künftig Kurzzeit-Parker und Taxis Platz haben. Auch E-Ladesäulen sollen dort installiert werden. An der Spitze soll die Lok einen markanten Stellplatz erhalten.
Radstellplätze entstehen
An der Rückseite des Gebäudes in unmittelbarer Nähe der Bahnsteige werden künftig Radstellplätze entstehen. Bei einer Doppelstock-Variante hätten laut Torsten Zumm vom Sachbereich Stadtplanung bis zu 290 Fahrräder Platz. Ein weiterer abschließbarer Bereich für zirka 80 Räder sowie eine Reparaturmöglichkeit ist links vom Bahnhof - aus Stadtsicht - geplant. Davor wird sich zudem ein Parkplatz für die Mitarbeiter befinden. „Der noch weiter links bereits vorhandene P+R-Platz wird nicht angefasst“, ergänzt Zumm.
Der Busplatz soll Zuge dieser Umgestaltung neue Bahnsteige bekommen. Auch eine digitale Anzeige für Bus und Bahn sei geplant. Mit Blick auf die erhoffte wachsende touristische Bedeutung der Stadt wird für Fern- und Reisebusse eine Fläche vorgehalten. Nicht mit in die Planungen einbezogen ist bislang laut Hermann das Grundstück des ehemaligen Wasserturms. „Das gehört einem Privatmann. Hier liegen die Finanzvorstellungen weit auseinander.“
Finanziert werden soll die Umgestaltung, die laut Zumm rund 3,4 Millionen Euro kosten wird, über das Schnittstellenprogramm. „Der Bescheid, dass der Bahnhof Bitterfeld dort aufgenommen ist, liegt vor.“
Mitteldeutsche Zeitung „ Bitterfelder Zeitung“, Bitterfeld/MZ von Frank Czerwonn, 16.09.2020