Nächster Halt: Kultur
ENTWICKLUNG Ein noch junger Verein will aus dem Bahnhof Tannepöls einen Ort für Kunst und Zusammentreffen machen. Wie die ersten Ideen aussehen
Die Werkstätten sind noch zugewachsen, Brombeeren ranken über dem Weg zu einem ehemaligen Lager. Doch im Bahnhof Tannepöls geht es mit Volldampf voran, um die Gebäude aus dem Dornröschenschlaf zu holen.
Hier soll Kunst einziehen, Musik und Handwerk. Schon im vergangenen Jahr wurde der Verein „Freiraum Kunst und Kultur Bahnhof Tannepöls“ aus der Taufe gehoben, am Sonntag gab es die erste außerordentliche Mitgliederversammlung am Ort des Geschehens.
Kultur und Natur
Rund um den Bahnhof mussten die Gründungsmitglieder viel organisieren: andere Interessenten anwerben, Fördermittel beantragen. Partner sind jetzt beispielsweise die Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle und der Sandersdorfer Verein Kulturpark.
Und es gibt viele Ideen - Werkstätten für Künstler sind nur eine davon. Nichts soll abgekoppelt passieren, die Ortschaft und Region mit einzubeziehen, können sich die Vereinsmitglieder gut vorstellen. „Wir wollen einen ökologischen Nutzgarten anlegen, in dem auch Schulen und Senioren Beete anlegen können. An den können sie auch heran, wenn wir nicht da sind“, erklärt Johanna Kasparowitsch. Sie ist Gründungsmitglied und Vereinsbeirätin und stammt aus Berlin.
Den Bahnhof als Kino nutzen, für den Film wird in einer Chatgruppe abgestimmt - auch das, erklärt Kasparowitsch, ist ein Angebot, das in Tannepöls zukünftig stattfinden soll. Künstler können Workshops geben oder sich zum Arbeiten einmieten. Genauso soll es Konzerte geben mit lokalen Chören, Künstlern und Bands.
„Es geht uns nicht darum, von Außen viel hereinzuholen, sondern lokal etwas zu machen“, sagt Daina Kasparowitsch, die zweiter Vorstand ist. Das kommt auch vor Ort an: Die Großzöberitzer haben mit Neugier reagiert, als sich der Verein ansiedelte. Vorbehalte? Sind ihnen hier selten begegnet. „Die Gebäude wurden 20 Jahre nicht genutzt, es freut viele, dass hier wieder etwas her kommt“, so Daina Kasparowitsch. Auch Zörbigs Bürgermeister Matthias Egert und Ortsbürgermeisterin Adelheid Reiche (beide CDU) stehen dem Projekt positiv gegenüber.
Die jungen Vereinsmitglieder treffen hier auf ein anderes Publikum als in den Großstädten, in denen sie sonst leben und arbeiten: „In Berlin ist es eher eine Blase, hier besuchen uns ganz andere Leute“, sagt Hannah Eßler. Saikou Juwara ergänzt: „Es gibt viel Potenzial und Freiräume in Großzöberitz. Hier gibt es Ruhe, Platz - und die Leute sind offen für Ideen.“
Viele Pläne für Räume
Dem Gebäude wieder einen Zweck geben - das treibt die vier Berliner und ihre Mitstreiter an. Gründer Gregor Roth hatte bereits an vielen Stellen selbst Hand angelegt und gebaut. Durch Fördermittel, etwa durch das Projekt „Demografie - Wandel gestalten“ soll das Finanzielle abgesichert werden, damit das Haus final gekauft werden kann und Arbeiten beginnen können.
Der Schuppen etwa könnte ein Café werden - nicht als ständiger Betrieb, sondern wenn etwas los ist in Tannepöls. Das ist eine von vielen Überlegungen. Der Umbau dort steht als nächstes an, wenn im Haupthaus die Bäder fertig sind. Eine Naturbühne an der alten Laderampe, die sich in ihre Umgebung einfügt und dem Grün nichts wegnimmt, ist ebenfalls eine Projekt für das Gelände. Kahlschlag durch das gewachsene Grün wird es allerdings nicht geben, so Daina Kasparowitsch. Stattdessen sollen die Bereiche einzeln gut zugänglich sein.
Auch das schnelle Internet im Bahnhof steht auf der To-Do-Liste weit oben, denn nicht immer können Mitglieder vor Ort sein. Aus Frankfurt wurden zwei am Sonntag per Video zugeschaltet. „Das geht gerade noch“, sagt Johanna Kasparowitsch.
Mitteldeutsche Zeitung „ Bitterfelder Zeitung“, Großzöberitz/MZ von Andrea Dittmar, 29.09.2020