Keine Chance für tote Gleise
Statt stillgelegte Strecken zu reaktivieren, setzt Sachsen-Anhalt darauf, das bestehende Schienennetz fit zu machen - aus finanziellen Gründen. Es gibt allerdings Ausnahmen.
Mit dem Zug von Zeitz (Burgenlandkreis) ins thüringische Altenburg oder von Köthen ins Elbestädtchen Aken (beide Anhalt-Bitterfeld)? Daraus wird wohl nichts werden. Sachsen-Anhalt lehnt die von Verkehrsverbänden vorgeschlagene Reaktivierung dieser und anderer stillgelegter Zugstrecken ab. Das Land will sich stattdessen darauf konzentrieren, das bestehende Schienennetz fit zu machen, damit der Verkehr dort flüssiger läuft.
„Auch angesichts der auf absehbare Zeit begrenzten Planungs- und Finanzierungsressourcen legt das Land Sachsen-Anhalt das Hauptaugenmerk vorrangig auf eine Verbesserung der Infrastrukturqualität im Bestandsnetz“, sagte die Sprecherin der Landesnahverkehrsgesellschaft Nasa, Jasmin Dudda, der MZ. Dabei gehe es um Investitionen in Kapazität und Geschwindigkeit.
Attraktiver für Unternehmen?
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und die Vereinigung „Allianz pro Schiene“ hatten am Montag in vierter Auflage eine bundesweite Studie vorgestellt, in der sie die Wiederinbetriebnahme etlicher alter Bahntrassen fordern. Sie argumentieren, nur mit mehr Schienenverkehr könne der Bund seine Klimaziele erreichen. Zudem könnten Bahnverbindungen den Straßenverkehr entlasten und strukturschwache ländliche Gebiete attraktiver für Zuzug und die Ansiedlung von Unternehmen machen.
In Sachsen-Anhalt sind 14 Verbindungen mit einer Länge von 343 Kilometern im Fokus. Fünf davon stehen neu auf der Liste, darunter Zeitz-Altenburg und Köthen-Aken. Beide Strecken hatte die Nasa in den vergangenen Jahren untersuchen lassen. Das Ergebnis: Es gebe „auch unter optimalen Randbedingungen kein ausreichendes Fahrgastpotenzial für eine Reaktivierung“. Sprich: Aus Sicht der Nasa ist die Nachfrage potenzieller Passagiere zu gering.
„Wir legen das Hauptaugenmerk auf das Bestandsnetz.
Jasmin Dudda, Sprecherin der Landesnahverkehrsgesellschaft Nasa in Sachsen-Anhalt
Gleiches gilt für die Trasse von Salzwedel (Altmark) nach Dannenberg (Niedersachsen) und von Güterglück (Anhalt-Bitterfeld) ins brandenburgische Wiesenburg. Im Vorharz würde eine Reaktivierung zwischen Heudeber-Danstedt (Harzkreis) und Börßum (Niedersachsen) daran scheitern, dass Teile der alten Trasse mittlerweile bebaut sind, so die Nasa.
Allerdings hat die landeseigenen Verkehrsgesellschaft ein Reaktivierungsprojekt auf dem Schirm, das in der Studie der Verkehrsverbände bislang nicht auftaucht: die derzeit nur abschnittsweise von Güterzügen befahrene Strecke von Bitterfeld nach Stumsdorf (beide Anhalt-Bitterfeld). Eine Wiederinbetriebnahme würde direkte und damit kürzere Zugverbindungen von Bitterfeld in die Kreisstadt Köthen ermöglichen, ohne Umwege über Halle oder Dessau. Derzeit werde für die Strecke eine Machbarkeitsstudie erarbeitet, sagte Nasa-Sprecherin Dudda.
Bund prüft Brücken-Neubau
Eine solche liegt bereits vor für den Neubau der Barbyer Elbbrücke samt Anschluss ans Schienennetz. Damit könnte aus Sicht Sachsen-Anhalts der Bahnknoten Magdeburg entlastet werden, weil nicht mehr alle Züge die dortige Brücke über die Elbe passieren müssten. Hintergrund sind Prognosen, wonach vor allem der Güterverkehr in den kommenden Jahren massiv zunehmen wird. Magdeburg liegt an einer stark befahrenen Güterverkehrs-Hauptachse, die von den Seehäfen über den Rangierbahnhof Halle bis nach Ost- und Südeuropa führt. Der Bund stelle für das Projekt derzeit noch weitere Untersuchungen an, sagte Dudda.
Foto: MZ-Artikel v. 15.10.2024 |
Mitteldeutsche Zeitung, Halle/MZ, von Alexander Schierholz, Ausgabe: 15.10.2024