Die Zörbiger Saftbahn

Pressemeldung vom 03.04.2025


Wird die Saftbahn zur S-Bahn?

Eine Machbarkeitsstudie soll untersuchen, ob die Bahnstrecke von Bitterfeld nach Stumsdorf für den Personenverkehr genutzt werden kann. Welche vier Varianten geprüft werden sollen.

Seit mehr als 20 Jahren fahren auf der Saftbahn-Strecke keine Personenzüge mehr. Doch das könnte sich bald ändern, denn Sachsen-Anhalt lässt in einer Machbarkeitsstudie prüfen, ob die Strecke für den Personenverkehr reaktiviert werden kann. Eine mögliche Variante wäre eine Bahnlinie, die Leipzig über Bitterfeld, Zörbig und Köthen direkt mit Magdeburg und dem Norden verbindet. Drei weitere Strecken sind Teil der Untersuchung.
Ein großer Vorteil liegt auf der Hand: Die Infrastruktur ist an vielen Stellen bereits vorhanden. Die Bahnstrecke von Bitterfeld nach Stumsdorf, volkstümlich „Saftbahn“ genannt, existiert seit 1897 und verband einst das Braunkohlerevier um Bitterfeld mit der Agrarregion Zörbig. Sie begleitete den Aufstieg Bitterfelds zum Chemiezentrum und die Industrialisierung der Landwirtschaft. Nach ihrer Stilllegung im Jahr 2002 wurde sie 2005 teilreaktiviert und dient heute dem Gütertransport, vor allem für Biokraftstoffe.

Dynamik durch Wachstum
Nun könnte die Strecke wieder an Bedeutung gewinnen. Das Magdeburger Ministerium für Digitales und Infrastruktur sieht Potenzial für eine Reaktivierung und informierte im Oktober 2024 das Finanzministerium darüber, dass eine Machbarkeits- und Potenzialstudie durch die Nasa GmbHeine landeseigene Verkehrsgesellschaft, in Auftrag gegeben werden soll. Am 7. November 2024 stimmte der Finanzausschuss des Landtags dem Vorhaben zu.
Doch was hat sich geändert? Auf eine entsprechende Frage der Köthen betreuenden Landtagsabgeordneten Kristin Heiß (Linke) erklärte ein Vertreter der Nasa im Ausschuss, dass der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen weiter gewachsen sei und inzwischen eine fünfstellige Zahl an Arbeitskräften beschäftige. Zudem sei mit dem Technologiepark Mitteldeutschland und der Progroup-Papierfabrik eine neue Wirtschaftsregion entstanden. Weitere Firmen würden folgen.
Hinzu komme die steigende Nachfrage im Schienenpersonennahverkehr, die vor allem durch das Deutschlandticket verstärkt worden sei. „Von allen möglichen Strecken in Sachsen-Anhalt hat diese das größte Reaktivierungspotenzial“, heißt es im Ausschussbericht.
Ein weiteres Argument für die Reaktivierung ist die mögliche Verlängerung der S-Bahn-Linie S2. Dadurch könnten neue Gewerbegebiete sowie Städte wie Köthen besser angebunden und gleichzeitig die stark frequentierte Bundesstraße 183 entlastet werden.
Die Machbarkeitsstudie soll vier verschiedene Betriebsvarianten prüfen (siehe Karte): Eine Verlängerung der S2 von Leipzig bis Sandersdorf zur besseren Erschließung des Technologieparks, eine Strecke von Leipzig bis Zörbig und weiter über einen Lückenschluss nach Stumsdorf, eine Verbindung von Leipzig über Stumsdorf nach Köthen, wodurch die Bachstadt ins S-Bahn-Netz integriert würde, und eine Route von Leipzig über Stumsdorf in Richtung Halle, die eine zusätzliche Verbindung zwischen Bitterfeld, Halle und Leipzig schaffen würde.

Erstes Projekttreffen vor Ort
In der vergangenen Woche trafen sich erstmals alle beteiligten Partner vor Ort, wie Nasa-Sprecherin Jasmin Dudda mitteilt. Dabei machten sie sich ein Bild vom aktuellen Zustand der Infrastruktur. „Nach der Begehung des ehemaligen Personenzuggleises zwischen dem Bahnhof Bitterfeld und dem früheren Haltepunkt Grube Antonie folgte eine Streckenbefahrung von dort bis zum heutigen Streckenende in Zörbig“, so Dudda. Für die Testfahrt kam eine Vectron-Dual-Mode-Lokomotive zum Einsatz, die sowohl elektrisch als auch mit Diesel betrieben werden kann. Künftige Personenzüge sollen rein elektrisch fahren – per Oberleitung oder mit Akku-Technologie.
Und wie geht es weiter? „Die Ingenieurbüros sind mitten in der Bearbeitung der Studie“, erklärt Dudda. „Mit den Kommunen und Eisenbahninfrastrukturunternehmen gibt es regelmäßige Arbeitstreffen, in denen der aktuelle Stand vorgestellt wird.“ Diese Gespräche seien jedoch vertraulich. Ein Abschlussbericht wird frühestens Ende des Jahres erwartet.
Die Idee, die Saftbahn für den Personenverkehr zu reaktivieren, ist übrigens nicht neu. Bereits 2019 liefen Gespräche, dass über das „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ eine Bahn-Direktverbindung von Sandersdorf nach Köthen sowie zur S-Bahn Bitterfeld-Leipzig in Aussicht steht.

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Foto: 
Mitteldeutsche Zeitung Bitterfeld, Ausgabe 03.04.2025
   

Mitteldeutsche Zeitung, Bitterfeld/Stumsdorf/MZ, von Robert Martin, Ausgabe: 03.04.2025

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