Die Zörbiger Saftbahn

Pressemeldung vom 20.09.2002


Privatbahnen wollen "Saftbahn" übernehmen

Diskussion um Streckenerhalt durchgeführt

Nach dem im Juli bekannt geworden war, dass der Zugverkehr auf der Bahnstrecke 252 Bitterfeld – Stumsdorf zum 01.10.2002 eingestellt werden soll (Zörbiger Bote 08/02), entwickelten sich in den vergangenen Wochen eine Reihe von Bestrebungen und Überlegungen zu, den Bahnverkehr auch zukünftig aufrecht zu erhalten.

Die SachsenBahn GmbH i.G., die sich im Leipziger Raum für die Verbesserung des Nahverkehrs einsetzt, hat für die "Saftbahn" ein Konzept erarbeitet. Dieses Konzept zeigt auf wie der Bahnverkehr trotz Sparmaßnahmen der Landesregierung, wirtschaftlich, kostengünstig und kundenfreundlich gestaltet werden kann.

Bei der Zusammenkunft von Stadt- und Gemeindevertretern der Verwaltungsgemeinschaft Zörbig, des Fahrgastverbandes Pro Bahn und der SachsenBahn, stellte der Initiator der SachsenBahn, Herr Antonio Moscato sein Konzept zum Betrieb der "Saftbahn" vor.

Diese Pläne sehen einen 2 Std.-Takt der Bahn vor. In den Hauptverkehrszeiten soll das Verkehrsangebot durch Busfahrten ergänzt werden, bis die Infrastruktur eine Verkürzung der Fahrtzeit zwischen Stumsdorf und Bitterfeld zulässt und ein Stundentakt angeboten werden kann. Die Verkehrsleitungen belaufen sich im Jahr zunächst auf 131.400 Zugkilometer. In der Anfangszeit sollen 18-20 Zugpaare zwischen 5 und 23 Uhr fahren. Die Planungen sehen vor, einen modernen Doppelstocktriebwagen der Anhaltischen Bahn Gesellschaft mbH einzusetzen, der kundenfreundlicher und komfortabler ist als die bisherigen DB-Fahrzeuge.

Durch die günstige Aufbau- und Personalstruktur, könnte die Bahnstrecke Bitterfeld – Stumsdorf zukünftig auch kostengünstiger und wirtschaftlicher unterhalten werden, als es bislang bei der Deutschen Bahn AG der Fall war. Die Schieneninfrastruktur könnte von der DB Netz AG gepachtet werden.

Diese günstige Aufbauform unterstützt die Sparmaßnahme der Landesregierung.

Leider stellte sich bei dieser Zusammenkunft heraus, dass weder die Anliegerkommunen noch die SachsenBahn, die dieses Konzept der Nahverkehrsanstalt Sachsen-Anhalt (NASA) zugesandt hatte, keine Aussagen und Rückantworten vom Verkehrsministerium erhalten haben.

Politische Diskussionsrunde durchgeführt

Wegen der bislang noch fehlenden Konzepte hinsichtlich des zukünftigen ÖPNV wurden Verantwortliche und betroffene Bürger zu einer politischen Diskussionsrunde am 04.11.2002 in das Rathaus der Stadt Zörbig eingeladen.

Anwesend waren die Landtagsabgeordnete Vogel / CDU und Ehlert / PDS, die Bürgermeister der Gemeinden Großzöberitz und Stumsdorf, Herr Quasdorf und Herr Otto, die im Landkreis Bitterfeld für die Verkehrsentwicklung zuständig sind, Antonio Moscato von der SachsenBahn und Wolfgang Last von der Anhaltischen Bahn (ABG), der Fahrgastverband Pro Bahn, stellvertretend Sebastian Herbsleb, Fahrgäste der "Saftbahn" und Herr Andreas Voss / Amtsleiter des Bau- und Ordnungsamtes VWG Zörbig, der diese Veranstaltung leitete.

Die CDU-Landtagsabgeordnete Vogel gab bekannt, das die NASA bereits am 29.11.2001 anstrebte, den Schienenverkehr auf dieser Bahnstrecke abzubestellen. Diese Aussage war für die Anwesenden neu und unterstreicht mal wieder die Informationspolitik der Verantwortlichen.

Die darauf folgenden kritischen Worte des Veranstaltungsleiters A. Voss "Die Landesregierung und die NASA hätten uns schon damals informieren können, dass der Schienenverkehr in Gefahr ist" machen die prekäre Lage der Betroffenen deutlich.

Die Abgeordnete Vogel verwies in dem Zusammenhang auf das unvorhersehbare Hochwasser und deren Folgen in Sachsen-Anhalt "Doch dies entschuldigt natürlich nicht, dass die Vertreter der anliegenden Städte und Gemeinden über die geplante Abbestellung der Bahnstrecke zu spät informiert worden sind".

Auch Antonio Moscato von der SachsenBahn zeigte sich enttäuscht von der Nasa. Denn auch er hat auf das von ihm eingereichte "Saftbahn"-Konzept keine Rückantwort erhalten und seine Bemühungen hinsichtlich eines Gesprächstermins schlugen ebenfalls fehl.

Welche Risiken und Folgen eine Streckenabbestellung in einer Region haben kann, erläuterte der Vertreter der Pro Bahn.

Der Fahrgastverband sieht die Gefahr, das Serviceangebote gestrichen, Zuganschlüsse an den Endbahnhöfen nicht erreicht werden und die Attraktivität für günstige Gruppenfahrten verloren gehen.

Die PDS-Landtagsabgeordnete Ehlert stellte die Frage in den Raum, wie es mit den Bahnhöfen nach einer möglichen Abbestellung stehe. "Da sie keine Besitzer bzw. Inhaber haben, würden die Vandalismusschäden freien Lauf nehmen und das Stadtbild verschlechtern."

Die anwesenden Fahrgäste machten aufmerksam, dass die Strecke für den Güterverkehr eine wichtige Rolle spielt. So wurden in den Tagen des Hochwassers, einige Züge über die "Saftbahnstrecke" umgeleitet, da Teile des Hauptstreckennetzes bei Bitterfeld gesperrt waren.

Erläuterungen kamen auch zur Schieneninfrastruktur. Wolfgang Last von der ABG erklärte, dass die Infrastruktur von der Deutschen Bahn übernommen werden kann, wenn es eine Aussicht dafür gibt, dass das Land künftig wieder Schienenpersonennahverkehr (SPNV) bestellt. Da die Deutsche Bahn AG die Bahnstrecke nur bis zum 16.11.2002 zur Übernahme anbietet, müsse es schnell Klarheiten darüber geben. Nach dieser Frist wird ein Stilllegungsverfahren beim Eisenbahnbundesamt beantragt. Von der ABG wird angestrebt, die Streckenhöchstgeschwindigkeit auf 60h/km zu erhöhen. Kurzfristig könnten 1,5 Mill. EUR in den Oberbau investiert werden, um einige Streckenabschnitte zu erneuern.

Zum Schluss stellte der Initiator der SachsenBahn klar, dass von den Anliegerkommunen keine finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden brauchen. Dies könnte nur beim "Busersatzverkehr" geschehen, wenn die finanzielle Verantwortung auf den Landkreis bzw. auf die Kommunen umgelegt wird. Die Finanzierung der "Saftbahn" erfolgt für die SachsenBahn aus den Mitteln, die Sachsen-Anhalt für den Bahnverkehr ohnehin zur Verfügung stehen.

Unterschriftenaktion erfolgreich abgeschlossen

Die im August durchgeführte Unterschriftenaktion zum Streckenerhalt der Bahnstrecke Bitterfeld – Stumsdorf war ein großer Erfolg. So konnten fast 1.100 Unterschriften gesammelt werden, und lag damit über den Erwartungen des Fahrgastverbandes Pro Bahn, der zur Aktion aufgerufen hatte. Diese Sammlung zeigte, wie wichtig und bedeutsam die "Saftbahn" für die Bewohner ist.

Am 26.08.2002 wurden die gesammelten Unterschriften dem Magdeburger Verkehrsministerium übergeben. Der Fahrgastverband bedankt sich auf diesem Weg bei allen Beteiligten.

Fahrkartenausgabe Zörbig und Sandersdorf geschlossen

Die DB Netz Agenturen der Bahnhöfe Zörbig und Sandersdorf wurden im Zuge der geplanten Streckenabbestellung bereits zum 16.09.2002 geschlossen.

Die Bahnreisenden werden gebeten auf folgende Verkaufsstellen auszuweichen:

DB ReiseZentrum Halle(S.)Hbf
DB ReiseZentrum Bitterfeld

Auch stehen die Fahrscheinautomaten auf den Bahnhöfen zur Verfügung.
Persönliche Auskünfte und Buchungen erhält man unter der Service-Nr.: 0800 / 11861.
Die kostenlose Fahrplanauskunft steht unter der Service-Nr.: 0800 / 1507090 zu Verfügung.

"Ferkeltaxen" nehmen Abschied

Am 28.09.2002 verkehren zum letzten mal die Triebwagen der Baureihe 772, die im Volksmund auch "Ferkeltaxen" genannt werden. Sie wurden seit Mai 2000 auf der Bahnstrecke eingesetzt und sollten in der Anfangszeit nur ersatzweise verkehren.

Aufgrund des hohen Alters ist die Ausmusterung dieser Fahrzeuge noch im diesem Jahr vorgesehen. Am letzten Betriebstag der Deutschen Bahn AG ist angedacht, die Fahrzeuge zu verstärken, damit auch die Anwohner die Möglichkeit haben, von diesem Zug Abschied zu nehmen.

So soll die letzte Regionalbahn, die an diesem Tag geschmückt wird, um 18.15 Uhr in Bitterfeld in Richtung Stumsdorf abfahren. Wer diese Fahrt miterleben möchte, kann den Zug ab 17.03 Uhr Stumsdorf (mit Halt auf allen Unterwegsbahnhöfen) nutzen. Die Fahrscheine (DB-Tarif) können auch im Zug erworben werden.

Gemeindezeitung der Verwaltungsgemeinschaft Zörbig, Amtsblatt \"Zörbiger Bote\"

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